Kann man Gott im Zucchinibeet finden?

SAMSTAG . NACHHALTIGKEIT ERSCHAFFEN
Leone Bagolaro, ein junger Bauer, der in Damanhur aufgewachsen ist, liebt die Erde und fühlt durch seine landwirtschaftliche Arbeit eine tiefe Verbindung mit dem Spirituellen. Seine Vision ist, dadurch eine neue Welt zu schaffen.
Immer wieder werde ich hier in Prima Stalla von unseren Gästen, den freiwilligen WWOOF-Helfern und manchmal auch von Fernsehteams gefragt, was meine Beziehung zur Spiritualität ist, wie ich neben der harten Arbeit, die ich als Bauer täglich zu bewältigen habe, noch Zeit zum Beten finde.
Zuallererst stelle ich klar, dass ich nicht wirklich „arbeite“. Ich liebe es über alles, im Freien zu sein, sowohl bei Sonne als auch im Regen, ich liebe es, die Früchte im Gewächshaus wachsen zu sehen und die vier Jahreszeiten zu begleiten, deshalb habe ich nicht das Gefühl zu „arbeiten“. Ich fühle mich privilegiert, so viel Spaß zu haben, während ich meinen Lebensunterhalt verdiene.
Als ich als Kind sah, wie aus einem Samen eine gigantische Zucchinipflanze heranwächst, habe ich im Stillen entschieden, es meinem Vater gleichzutun und Bauer zu werden. Das ist die Magie, die ich Tag für Tag erlebe. Dem Wind zuzuhören, der von den Bergen herunter weht und einen Duft von Schnee mit sich bringt. Den Flug der Vögel zu beobachten und im Nu zu verstehen, wenn ein Sommergewitter im Anzug ist. Oder aus der Farbe der Wolken zu lesen, ob und wann es hageln wird.
Ich fühle, dass ich die schönste Arbeit mache, die überhaupt möglich ist. Wir Bauern sind immer in sehr engem Kontakt mit dem Leben. Dem Leben, das dich zwar immer wieder an den Rand bringt, aber auch weiß, wie es das mit einem guten Glas Wein oder einer Scheibe leckerer Salami (konsequent in unserer Gemeinschaft produziert) wieder ausgleichen kann. Ich kenne jeden Quadratzentimeter Land, das ich kultiviere, alle seine Eigenschaften, und jedes Mal, wenn ich auf dem Land arbeite, fühle ich, dass ich an mir selbst arbeite. Ich verfeinere die wirkliche, praktische, greifbare Sensibilität, die mir hilft zu entscheiden, was ich am besten anbaue und welche Schwierigkeiten die wachsenden Pflanzen haben könnten.
Wir haben eine Mission: die Erde zu heilen, während wir sie als Menschheit zerstören. Starke, gesunde Kühe ohne Hormone aufzuziehen, Tomaten und Gemüse in einem immer unvorhersehbareren Klima zur Reife zu bringen – in all dem, finde ich persönlich das, was man „Gott“ nennen könnte. Ist es nicht etwas Wunderbares zuzuschauen, wie Eichenknospen anschwellen, bis sie aufplatzen und zu einem Blatt werden, das bis zum Herbst weiterlebt? Wenn wir wollen, dass es uns gut geht, ist es fundamental, die Einzigartigkeit jeder Jahreszeit wiederzuentdecken und sich deren Rhythmus anzupassen.
Das Ideal, das mich dazu motivierte, statt ein Telefon in einem Call-Center, eine Feldhacke in die Hand zu nehmen, ist, dass ich mir (vielleicht wegen meines jugendlichen Alters) anmaße, die Menschheit vor Hunger, Abfall und Kriegen zu bewahren. Wenn die Menschen, anstatt den Politikern den alten Bauern zuhören würden, gäbe es keine Kriege und es gäbe genug Essen für alle. Wir könnten sogar die Wüste fruchtbar machen und bebauen, aber die herrschende Klasse hat entschieden, dass es besser ist, Bomben herzustellen.
Warum schreibe ich all das? Weil Worte nicht immer das ausdrücken, was ich gerne mitteilen würde. Meine Emotionen und mein Versuch sie zu kontrollieren, schaffen manchmal Barrieren. Viele Menschen um mich herum sprechen exzellentes Englisch, während ich versuche, mit dem wenigen, das ich im Gymnasium gelernt habe, über die Runden zu kommen. Ich hoffe auch, dass eines Tages jemand kommt, der mir sagt „ich möchte das lernen“. Deshalb sende ich diese Worte nun in den Äther und vertraue darauf, dass die Person kommen wird…
Leone Bagolaro