Jenseits aller Konventionen

LEBEN IN GEMEINSCHAFT
Als ich 1983 in Damanhur ankam, war Tacchino Noce einer der ersten Damanhurianer, den ich kennenlernte. Ich erinnere mich noch, dass mein Begleiter ihn mir vorgestellt hatte, weil er gerade erst vom Viaggio (magische Reise) zurückgekehrt war und mir etwas mehr über das Spiel des Lebens erzählen konnte. Tacchino hat mich aus seiner Höhe von 1,96 m seelenruhig angeschaut, und ohne jede Vorrede sagte er mir, mit einem so ernsten Gesichtsausdruck, dass Buster Keaton (Komiker des Stummfilms) neidisch geworden wäre: „Seitdem ich mich ins Spiel des Lebens eingeschrieben habe, … (ein Moment der Spannung, in dem er mir ernsthaft und stumm in die Augen schaute und ich vor lauter Verlegenheit nicht mehr wusste, wohin schauen, um dann mit schwerwiegendem Ton abzuschließen)… weiß ich nicht mehr, wer ich bin.“
Versucht jetzt mal, in meine Haut zu schlüpfen: Ich war nach Damanhur gekommen, weil ich im Fernsehen gesehen hatte, dass eine Bande völlig Verrückter (die Damanhurianer) eine neue spirituelle Gesellschaft aufbauen wollten, die dem Maßstab der gemeinsam geteilten Träume gerecht werden wollte. Als Mittel, dieses Ideal zu verwirklichen, hatten sie das „Spiel des Lebens“ auserkoren, eine Strategie der Veränderung, die auf 100% Einsatz basiert und darauf, dass jeder seine persönlichen Talente zur Verfügung stellt. In der Fernsehsendung wurde deutlich, dass die Damanhurianer nicht nur sehr extravagante Menschen waren, sondern offensichtlich komplett den Verstand verloren hatten. Ich kam also nach Damanhur, und das Gefühl inmitten einer Bande von Verrückten gelandet zu sein, wurde definitiv bestätigt, als die erste Person, mit der ich über das Spiel redete, mir so antwortete… Wie wäre es euch denn ergangen?
Da stand ich nun mit offenem Mund und starrte Tacchino an, der mich seinerseits mit geschlossenem Mund für eine mir unendlich erscheinende Zeit anschaute. Ich wusste nicht so recht, was ich denken sollte, es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder war Tacchino komplett daneben, oder er hatte mir etwas wirklich Wahres gesagt, aber auf eine sehr direkte Art, jenseits aller Konventionen, entgegen aller Schemata, sowohl meiner als auch die jedes anderen „normalen“ Menschen!
Mein Begleiter rettete mich aus dieser peinlichen Stille, stellte mir andere Personen vor und vollendete den geführten Besuch durch Damanhur. Am Ende dieses Tages ging ich mit dem Gefühl nach Hause zurück, dass ich diese gesunde Mischung aus Verrücktheit, Wahrheit, Traum und Optimismus, der ich in Damanhur begegnet war, niemals an einem anderen Ort wiederfinden würde.
Ich schrieb mich in das Spiel des Lebens ein, ohne genau zu wissen warum, aber Tacchinos Blick und sein schlichter und wahrer Satz hatten meinen Verstand und mein Herz berührt, und ich hatte beschlossen, mehr darüber erfahren zu wollen. Ich fuhr los mit dem Viaggio und auch mein Leben veränderte sich, wurde verrückter, glücklicher und wahrhaftiger, so wie ich.
Diese Verrückten in Damanhur haben irgendwas, – ich weiss nicht was, –
jedoch ist es etwas faszinierendes, – ja, – etwas zündendes, – auch für einen alten, müden, verkümmernden Menschen, – mir scheint dafür das beste Wort : „Etwas Erweckendes !“
Danke dir, lieber Willi,
ja, ein bisschen ver-rückt … also auf einem etwas anderen Pfad unterwegs, als in der normalen verrückten Welt – das sind wir Damanhurianer sicherlich. Es tut gut, das Chaos zu nutzen, halt für die positive Entwicklung!
Eine gute Zeit, wünsche ich dir,
Tamia Cheeni