Die Geschichte eines Heilers

Ich lebte schon immer in Damanhur, denn ich war bei der Gründung mit dabei. Dank der Arbeit vieler waren meine Partnerin und ich sogar das erste Paar mit Kind, das im Frühjahr dauerhaft einstieg. Damanhur war ein komplettes Abenteuer, angefangen bei der Begegnung mit Falco Tarassaco, bis zu der Entdeckung, dass genau das, was ich immer abgelehnt hatte, nämlich die Heilung, eine meiner wertvollsten Begabungen ist. All dies, das Gefühl, Teil des Projekts zu sein, von dem ich immer geträumt hatte, eine Gemeinschaft zu gründen, um als Pionier die Art zu leben, zu revolutionieren, Kommunikation zu studieren, was als Kybernetiker sowieso schon meine Arbeit war.
Ich bereitete mich im Sommer 1978 darauf vor, ein spiritueller Heiler zu werden und erkannte Falco als meinen spirituellen Meister an. Damals waren wir hier in Italien nur wenig mehr als fünfzig spirituelle Heiler und wir kannten uns alle. Dieses Jahr zähle ich schon auf vierzig Jahre Berufserfahrung auf dem Gebiet der energetischen Heilung. Ich bin der einzige, der immer noch beruflich damit arbeitet, und ich engagiere mich darin, das Wissen aus hunderttausenden von Behandlungen weiter zu geben.
In all diesen Jahren habe auch ich bei wesentlichen Veränderungen des therapeutischen Ansatzes mitgewirkt, also in der Veränderung, der Transformation von Konzepten zu Gesundheit und Geburt in den aktuellen DBN (Natürliche Bio-Disziplinen), den Naturheilverfahren also, die von unterschiedlichen Nationen klugerweise reguliert wurden, und die, wie es die WHO gewünscht hatte, in die Gesundheitsprotokolle aufgenommen wurden.
Die Globalisierung führt heute mehr denn je zu der Einsicht, dass Krankheit und Gesundheit kollektive Konzepte sind, die die Transformation der Bezugsparadigmen erfordern: Ich bin die Welt und wenn es dir nicht gut geht, verliere auch ich meine Gesundheit. Der Mensch ist ein Herdentier, „entworfen“, um mit anderen zusammen zu leben und sich zu vermehren in einem Leben, das zur Selbstverbesserung genutzt wird. Sich selbst zu verbessern bedeutet, sich selbst zu erweitern, also zu lernen, sich selbst als ein Element des Lebens innerhalb und außerhalb von uns zu betrachten, auch wenn man von persönlichen Eigenschaften und Erfahrungen ausgeht. Wahre Gesundheit, Sanitas, stimmt überein mit dem Gefühl, sich harmonisch in das eigene Leben, die Umgebung, die eigene Welt integriert zu haben.
Nicht umsonst spricht heute jeder vom Wohlbefinden in den großen wie in den kleinen Dingen: Bestimmte Momente, in denen wir uns in der Harmonie all unserer Impulse, in der vollen Verwirklichung unserer selbst fühlen, geben uns Freude und Fülle. Wir freuen uns in den Momenten, in denen wir wirklich mit unseren Lieben, mit unseren Kollegen oder unseren Nachbarn verbunden sind. Selbst einfache Bekanntschaften können uns, ohne viel einzubringen oder zu fordern, ein Gefühl von Kollektivität und Gemeinsamkeit geben. Ein Gefühl, das der Mensch als Herdentier braucht. Wir freuen uns in jenen Momenten, in denen wir uns intim mit dem Fluss des Lebens im Universum und seinen Gesetzen verbunden fühlen – Gesetze, die einige als religiös und andere als weltlich wahrnehmen, aber in Momenten größerer Fülle von allen mit der gleichen Kraft wahrgenommen werden.
Der gesunde Mensch ist also ein spiritueller Mensch, in ständiger Veränderung durch eine Spiritualität, die nicht konfessionell gebunden, sondern innig gefühlt und autonom erforscht wird, weit entfernt von der Konditionierung, die das Denken einschränkt und Krankheit hervorbringt. Diese Spiritualität muss dann vor sich selbst und vor anderen frei bestätigt werden. Denn, um Veränderungen zu machen, die zum Wohlbefinden führen, muss man anfangen, über diesen Teil von sich mit anderen nachzudenken. Das ist also ein Weg, der auch alle anderen Teile betrifft, damit sie wieder zueinander finden und dadurch Gesundheit entstehen lassen, wie es das ganzheitliche Prinzip lehrt.
Spirituell zu leben, bedeutet zu wissen, wie man Dingen einen Sinn gibt, also eine bewusste Haltung im Leben einzunehmen, anstatt zu leben, weil wir nun eben leben und an irgendetwas zu glauben, weil wir das halt brauchen. Dies ist mein Forschungsergebnis nach vierzig Jahren. Eine Forschung geleitet von der Kunst des Heilens und den Energien, die Veränderungen fördern und so jeden Tag zu entdecken, dass du um etwas zu haben, was du noch nie hattest, um etwas zu sein, was du nie vorher warst, um etwas zu fühlen, das du noch nie gefühlt hast, etwas tun musst, was du noch nie zuvor getan hast!
So zu leben bedeutet, über die Krankheit hinauszugehen, die nicht nur Unbehagen bedeutet, sondern vielmehr eine Hilfe zur Veränderung wird: Heute haben wir mehr denn je die Werkzeuge, um sie zu verstehen. Die Idee der Natur hat sich in unserer Kultur bemerkenswert verändert. Wie das Konzept der Spiritualität, hat auch die uns umgebene Natur eine Trennung von der täglichen Dimension und eine Idealisierung erfahren, in der sie zu oft zu einem romantischen, literarischen Phänomen oder einem ästhetischen Rahmen für unsere Existenz geworden ist. Gleichzeitig ist die Natur zum Gegenstand einer wachsenden Ausbeutung geworden, die sie zu einem Reservoir von Ressourcen macht, die es zu plündern gilt und einer Quelle, die uns mit unbegrenzten Rohstoffen versorgt.
In Wirklichkeit sind diese beiden Einstellungen absolut miteinander verbunden, denn die Loslösung der Natur von einer vertrauten täglichen Dimension hat uns dazu gebracht, die für sie nachteiligen Missstände und Übergriffe „nicht zu sehen“, nicht „zu hören“, nicht zu bezeugen. Dadurch wurde es auch möglich, die Natur selbst nicht als eine Welt von Kräften und Lebewesen, sondern als eine „träge Materie“ ohne Geschichte und ohne Namen zu betrachten. Fern der Natur haben wir unsere Menschlichkeit verloren und dieser Verlust hat zu einer weiteren Abkehr von ihr und von uns selbst geführt. Es ist wahr, dass jeder Affront gegen die Natur, jede Bedrohung und jede Wunde auf uns allen als Menschheit lastet.
Moderne biologische und ökologische Diskurse eröffnen neue Perspektiven des Respekts, aber sie geben nur einen Teil der Vision der Natur zurück, gerade weil es „logische“ Diskurse sind, während wir zur Wahrnehmung der Komplexität eines Lebewesens einen anderen Zugangsschlüssel benötigen. Zur Vereinfachung, können wir sagen, dass wir zusätzlich das Gefühl und die Mystik brauchen. In der Praxis ist es notwendig, zu der Vorstellung zurückzukehren, dass das Natürliche Leben und Vitalität bedeutet. Das Leben als Fluss, der alle Formen durchdringen kann, seien sie mineralischer, pflanzlicher, tierischer und sogar spiritueller Art.
Ich denke, dass die Menschheit sich einem modernen Vitalismus nähern muss, der in der Lage ist, Chemie und Physik mit den transzendenten Kräften zu verbinden, die alles inspirieren und formen. Hier kommt die direkte Erfahrung des Heilers ins Spiel. Ideologien vergessen viel zu oft die energetischen Faktoren, die die Materie transzendieren; Sie unterteilen die Natur in Klassen, die nicht nur die Komplexität unterteilen, sondern auch Ebenen der Komplexität ins Spiel bringen, von denen angenommen wird, dass sie in der Lage sind, die Existenz zu organisieren, die nur noch als ein komplexes Zusammenspiel chemischer Gesetzmäßigkeiten angesehen wird. Tja. Wenn wir die Komplexität der Natur vergessen, wird das Essen von Tieren als schlecht und die Ernährung durch Gemüse als gut angesehen. Wir haben wohl vergessen „soziale Tiere“ zu sein, wie Sokrates schon vor 2500 Jahren schrieb. Die Idee der Trennung und der Selbstsucht hat das Gefühl der Kollektivität und Zugehörigkeit soweit entartet, dass wir dabei sind die Welt zu zerstören, wenn nicht gar zu vernichten.
Die Natur drückt sich in einem Leben aus, das fortwährende Veränderung ist und in der Kunst der Begegnung. Neurowissenschaften lehren uns, dass die Menschheit ohne Egoismus reine Zugehörigkeit und Verbundenheit ist. Unser zentrales Nervensystem besteht aus Neuronen, die sich einander ein Leben lang suchen, einzig bewegt durch den Wunsch, sich zu vereinen, um einer Synapse Leben zu geben. Wenn die erste Synapse erschaffen wurde, arbeiten sie intensiv daran, die zweite entstehen zu lassen und so weiter. Menschen machen ihr Leben lang genau das Gleiche. Sie suchen sich und verlieben sich.
Die Natur ist kein „menschzentriertes“ System, aber auch kein biozentrisches Phänomen. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Energie, die das gesamte Ökosystem prägt – Information ist das Instrument der kontinuierlichen Veränderung.
Heute müssen wir Ideen ändern, wir müssen die Logik ändern, die Paradigmen umwandeln, die die Intelligenz des Lebens begrenzen. Wenn wir, wie die Physik sagt, nur 4% dessen sehen, was im Universum existiert, können wir nicht denken, dass die organische Chemie die Welt erklärt, wissend, dass wir 96% der Existenz ignorieren.
Heilung bedeutet, sich wieder mit der Natur zu verbünden und neue mystische Pakte zwischen Menschen, Bäumen und Göttern, einschließlich aller Zwischenwelten, zu formulieren, die Kräfte der Natur und der Welten der Spiritualität zusammenbringen, einen Sprung von der modernen reduktionistischen Kultur in eine neue mögliche Zukunft zu machen, in der ein Renaissance-Vitalismus wieder das Gefühl der Verbundenheit mit dem Ganzen entstehen lässt. Ich bin das Bakterium, das ich atme, das Salatblatt, der Apfel und das Huhn, das ich esse. Was ich mit ihnen mache, hat Auswirkungen auf die Menschheit und die Götter. Nur dann und wenn das geschieht, wird es keine Krankheiten mehr geben.
Um alle zu heilen, braucht es alle. Alleine sind wir schwach und wehrlos, zusammen sind wir stark und glücklich. Die heilende Kraft der Gruppe zu entdecken und damit die Polarität zu überwinden, die durch das Wortpaar Therapeut/Kranker entsteht, wird das Epizentrum dieses neuen Vitalismus sein. Ein Heiler zu sein hat mir ermöglicht, all dies und noch viel mehr zu verstehen. Indem wir durch eine Lehrmethode, bei der es darum geht gemeinsam glücklich zu sein, unsere Erfahrungen verdichten, schaffen wir eine Schule, in der man lernen kann spiritueller Heiler im dritten Jahrtausend zu sein.
Orango Riso
Bewusstsein des Ökosystems
„Die Vitalität als Ganzes bewegt sich von einem Lebewesen zum nächsten. Dies geschieht durch die Ernährung, aber auch auf einer anderen Ebene, durch immer weiträumigere Bewusstseinsbereiche.
Es gibt ein ökologisches System, das über die einfache Körperlichkeit von Körpern hinausgeht, um alles zu höheren Systemen zu bringen, ich wage zu sagen, zu „spirituellen“ Systemen.
Mich mit dem Bewusstsein verschiedener Wesen zu verbinden hat mir, selbst wenn sie embryonal waren, immer geholfen zu verstehen, dass diese Wesen in Wirklichkeit gar nicht so anders sind, wie mir das sonst erschien, sondern Teil von mir.“
Falco Tarassaco