Was habe ich vom Tod gelernt?

Okt 12, 18 Was habe ich vom Tod gelernt?

 

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SPIRITUALITÄT IN DAMANHUR

 

Ich spreche heute vom Tod. In der westlichen Gesellschaft wird dieses Thema oft gemieden wie die Pest. In Damanhur haben wir es uns hingegen zur Aufgabe gemacht, eine Gesellschaft zu schaffen, in der der Geist sich erheben kann – eine Gesellschaft, welche andere dazu inspiriert neue Realitäten zu schaffen, die  aufzeigen, dass ein anderes Leben möglich ist, also Realitäten zu schaffen, in denen das „Mensch – Sein“ groß geschrieben werden kann. Das Nachdenken über den Tod ist in einer derartig entwickelten Gesellschaft ein wesentliches Element, ich würde sogar sagen, ein entscheidendes Element. Wir können den Tod nicht vermeiden, weder den unserer Lieben, noch den eigenen. Also ist es besser, zu lernen, den Tod als Teil unseres Lebens zu akzeptieren, denn wie Falco sagte:

„Sich auf einen guten Tod vorzubereiten, bedeutet, gut zu leben.“

Ich bin dem Tod von Menschen, die mir lieb waren, erst später im Leben begegnet. Der erste Todesfall, der mich tief berührte, war der meiner Mutter, als ich 36 Jahre alt war. Nach etwa einem Jahr starb auch mein Lehrer, Falco Tarassaco, der Inspirator und spirituelle Leiter von Damanhur. Gerade heute habe ich an der Gedenkfeier für Antonello, einem Eingeweihten- Bruder, teilgenommen. Dies hat mich dazu motiviert, über den Tod zu schreiben.

Dies sind nicht die einzigen Todesfälle, die mich berührt haben, doch sind es diejenigen, die in meinem Leben unauslöschliche Spuren hinterlassen haben, vor allem, weil ich sie mit einem  Bewusstsein durchlebt habe, durch das sie zu einer evolutionären Erfahrung für mich wurden – auch wenn es schwierige und tief traurige Erfahrungen waren.

Es ist mir eine Freude, mit euch zu teilen, was ich in Damanhur gelernt habe, um gut zu leben und besser mit dem Tod umzugehen. Ich werde sicherlich nicht alle Elemente der damanhurianischen Philosophie und Praxis im Zusammenhang mit dem Tod behandeln, da es sich um ein wirklich umfangreiches Thema handelt, aber auch aus diesem Grund ist es besser, jetzt gleich damit zu beginnen.


 
Ich lebe das Thema Tod besser, wenn ich folgende Punkte berücksichtige:

  1. Ich laufe nicht vor dem Tod davon. Wenn ich über ihn nachdenke, Bücher und Texte lese oder etwas darüber hinaus tue, was auch immer mich darin unterstützt, ihn besser zu verstehen, hilft mir dies, mit einer gewissen Gelassenheit ans Ende meines Lebens zu gelangen und mich selbst dazu zu motivieren, ungelöste Angelegenheiten rechtzeitig zu erledigen. Ein Buch, das für mich Vieles verändert hat und das ich jedem empfehle, ist Falco’s Buch „Sterben Lernen“. Darin könnt Ihr einen Text finden, den ihr der jeweiligen Situation anpassen könnt, um ihn dann Menschen vorzulesen, die euch lieb sind und die dem Sterben nahe sind oder den Tod gerade erst erlebt haben. Ich las ihn meiner Mutter vor, als sie gerade gestorben war und er gab mir in diesem Augenblick sehr viel Gefühl und Präsenz. So verlor ich mich nicht in übermäßiger Emotionalität, die normalerweise mit einer zu egoistischen Sichtweise des Todes einhergeht.
  2. Ich denke an die Person, die gerade gestorben ist und nicht nur an mich selbst. Der Tod erfordert eine gewisse Würde. Ich habe oft an Beerdigungen teilgenommen, bei denen Menschen, die dem Verstorbenen nahestanden, in ein trostloses Weinen abgesunken waren. Mit einem erweiterten Blick auf den Tod erkannte ich, dass die Person, die gerade gestorben ist, mich immer noch wahrnimmt und durch mein Weinen und Klagen eher eingesperrt wird, als dass ich ihr dadurch helfe. Wenn ich diese Person wirklich liebe und sie nicht mehr hier ist, helfe ich ihr vielleicht mehr, indem ich denke, dass sie frei ist, ihren Weg weiter zu gehen. Auf diese Weise mache ich es dieser geliebten Person leichter. Vielleicht kann auch sie ruhiger voranschreiten, wenn sie mich als bewußte Präsenz wahrnimmt und ich sie mit all der Liebe verabschieden kann, die ich für sie empfunden habe und immer noch empfinde.
  3. Ich erledige alle unerledigten Angelegenheiten, um es dadurch allen zu erleichtern, mit meinem Ableben umzugehen. In Damanhur wird jeder ermutigt, sein Testament zu schreiben, nicht nur das physische, das regelt, „wem ich meinen Besitz übergebe“, sondern auch eines, das regelt, wem ich meinen „psychologischen und emotionalen Besitz“ übergebe.
    Wenn ich morgen sterbe, schafft das Probleme für die Anderen? Wie kann ich helfen, diese eventuellen Probleme zu reduzieren? Wenn ich ein Kind habe, habe ich die Person gefunden, der ich es anvertrauen möchte? Wenn ich ausstehende Schulden habe, wie kann ich sie begleichen, um nicht jemand anderen in Schwierigkeiten zu bringen, wenn ich sterbe? Das sind alles Dinge, die unser Leben und unseren Tod belasten, wenn wir uns nicht mit ihnen konfrontieren. Wenn wir hingegen über diese Probleme nachdenken und sie lösen, schaffen wir uns einen ruhigen Hintergrund. Zu denken, dass wir unsterblich sind, führt nur dazu, sich von diesen Problemen zurückzuziehen. Wenn wir uns rechtzeitig mit ihnen befassen, fühlen wir uns danach viel besser.

Ich füge noch einen weiteren Satz von Falco hinzu, den ich sehr schön finde:

„Glücklich sind diejenigen, die in ihrem Leben die Möglichkeit haben werden,
ihrem Tod zu begegnen und ihn nicht einfach aus ihrem Leben auszuschließen.“

Ja, selbst das Schreiben über diese Dinge und das Wissen, dass vielleicht einige von euch dank meiner Worte besser mit dem eigenen Tod oder dem Tod eines geliebten Menschen umgehen können, ist ein Aspekt, der mich dahin bringt, gelassener zu leben.

Ich würde auch gerne von deinen diesbezüglichen Erfahrungen hören. Hast du jemals über den Tod nachgedacht? Wenn ja, was hat dir geholfen, ihm mit mehr Gelassenheit und Würde entgegenzugehen?


 

 

1 Kommentar

  1. Matthias /

    Ja früher bin ich auch immer davon ausgegangen, das ich zuerst dem Tod begegnen müsse, bis ich das Leben voll leben könne. Ich habe dann auch Mal im tibetischen Totenbuch gelesen. Da wurden zwei Menschen beschrieben, wie sie im Zeitpunkt ihres Todes wirkten. Der eine war ein gutherziger Mönch und sein Gesichtsausdruck sprach von Gelassenheit. Und dann war da die andere Person. Ein Meister. Der Autor war vollkommen beeindruckt, wie der Meister dem Tode begegnete. Er war vollkommene Gelassenheit und der Tod war für Ihn nichts Fremdes. Es war für ihn das Nachhause. Ein Meister ist ja deshalb ein Meister weil er den Tod überwunden hat, weil er die Meisterschaft des Lebens erreicht hat und vollkommen mit allem und allen in tiefster Liebe verbunden ist.
    Ich habe auch Mal mit einem älteren Mann gesprochen, der hatte eine Nahtod-Erfahrung. Er sagte, alles was da war im Tod, war Liebe. Er sagte, er erinnert sich nur, wie vollkommen von Liebe umarmt gewesen zu sein. Er sagte mir: Seien sie ein anständiger Mensch in ihrem Leben.

    Tja der Tod ist sicher eine grosse Herausforderung. Die körperliche Hülle bleibt zurück und alles was da ist, ist unser geistiges Wesen. Ich denke als Mensch ist man gut auf den Tod vorbereitet, wenn man gelernt hat, loszulassen und eben schon jetzt die Liebe zu erfahren und eben das was wir Seele und auch Gott nennen. Es geht wohl wirklich darum sich in vollem Vertrauen, Urvertrauen dem Geschehen zu überlassen. Sich seiner Göttlichkeit bewusst zu sein.

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