Eine Erfahrung, die ein Leben lang andauert

ERFAHRUNGSAUSTAUSCH
Cantaride erzählt uns von ihrer Erfahrung, sich selbst durch einen Heilungsprozess zu begegnen.
Meine Geschichte von Reflexion, Transformation und Überwindung der Krankheit begann vor etwas mehr als zehn Jahren. Sie dauert bis heute an und wird mich ein Leben lang begleiten, denn selbst, wenn ich geheilt bin: sie hat meinen Körper verändert und hat von meinem Geist und meinen Emotionen verlangt, sich entsprechend zu verändern. Wenn ich Krankheit als eine Gelegenheit betrachte, neue Anteile von sich selbst kennenzulernen, sich ihnen zu stellen und ihnen eine neue Grammatik des Lebens beizubringen, dann finde ich, dass dies auch meine Erfahrung gewesen ist.
Als meine „klinische“ Phase bereits vorbei war, schlug Falco Tarassaco vor, die Krankheit als Zeichen der Nähe der Gralskraft zu betrachten und rückblickend erkannte ich mich selbst darin. In gewisser Weise erkenne ich mich heute sogar noch mehr darin wieder.
Ich bin Restauratorin, habe zwei Kinder und 2008 haben mir die Ärzte nach den gängigen Untersuchungen mitgeteilt, dass es notwendig wäre, meine Brüste vollständig zu entfernen. Zum einen bin ich vom Charakter her jemand, der nicht gerne abwartet, zum anderen fühlte ich mich nicht bereit, bereits zu sterben. Daher vertraute ich mich den Ärzten für den langen chirurgischen Prozess der therapeutischen und rekonstruierenden Phase an.
DIE BEZIEHUNG
Es war nicht einfach, diesen Weg zu gehen, besonders für mich, die sich bei invasiven Therapien sehr unwohl fühlte (ich bin – oder besser gesagt – ich war einer jener Menschen, die während der Blutentnahme ohnmächtig wurden). Aber glücklicherweise konnte ich allem von Anfang an viele anregende Aspekte abgewinnen. Zuerst musste ich mich den Ärzten und Chirurgen anvertrauen und durfte dabei entdecken, dass ich, indem ich jemandem die Verantwortung übertrug, sich um mich zu kümmern, auch wenn dies gegen meine Natur verstößt, die Möglichkeit bekam, die Kostbarkeit dieser Menschen zu entdecken.
Außerdem hat mich die Erklärung über meine Krankheit überzeugt: es gibt Zellen, die nicht mehr mit anderen kommunizieren können und auch nicht verstehen, dass ihr Lebenszyklus den Tod mit einschließt und sie so zur Krankheit werden. Kurz gesagt, gab es in mir eine „Beziehungskrankheit“.
Deshalb fühlte ich mich verpflichtet, während meiner Behandlungen mit den Menschen und der Umgebung, mit denen ich in Kontakt gekommen bin, in Beziehung zu treten: mit vielen Mitarbeitern in vielen Abteilungen vieler verschiedener Krankenhäuser und natürlich mit vielen Frauen, die meine Erfahrung durchgemacht haben (oder die eine genau entgegengesetzte erlebten, als ich Gast auf der Entbindungsstation war). Ich suchte und fand Beziehungen, und das war immens wichtig, um den Sinn dessen, was mit mir geschah, zu erfassen.
EINE NEUE LEBENSWEISE
Es ist die Beziehung zu ähnlich Betroffenen, sprich zu Frauen mit ähnlichen Krankheiten, die mich am meisten beschäftigt hat: mit solchen Menschen ist es einfach, sich wirklich mitzuteilen, was man erlebt, denn es besteht keine Notwendigkeit, etwas zu erklären.
Ich lernte das Diana-Projekt kennen, um meinen Lebensstil, angefangen bei der Ernährung, zu ändern, und das war ein weiterer wichtiger Punkt meiner Arbeit. Jetzt folge ich nicht nur den dort erhaltenen Anweisungen, sondern nehme auch an Veranstaltungen des Projektes teil.
Ich schrieb, dass ich mich heute mehr vom Thema Gral betroffen fühle, als in der akuten Phase meiner Krankheit. Ich weiß, dass mein Körper verändert wurde und ich lebe jeden Tag damit. Eine neue Brust, sie ist zwar meine und doch nicht wirklich meine und nimmt meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Manchmal ist sie wie ein Kleid, in dem ich mich nicht ganz wohl fühle. Weil sie, genau wie ein Kleidungsstück, etwas ist, das mit der Zeit erneuert werden muss, führt sie mich dazu, darüber nachzudenken, was ich für mich will, wie ich mich fühle, wie ich möchte, dass man über mich denkt und wie ich anderen begegnen will.
DIE FÄHIGKEIT, MEINEN TEIL ZUM GANZEN BEIZUTRAGEN
Es ist eine Reflexion, die mich zum Sinn des Lebens und zu meiner Beziehung zu mir selbst führt. Natürlich entgeht es mir nicht, dass ich ein privilegierter Mensch bin: Ich hatte genug Zeit, mit einer schwierigen Situation umzugehen, und ich habe großartige Menschen getroffen. Ich hatte auch die Fähigkeit, meinen Teil dazu beizutragen: eine positive Einstellung zu bewahren und eine neue Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie ich mich ernähre, mich bewege und anderen vertraue.
Ich kam voller Energie und Tatendrang zurück und eröffnete eine neue Restaurierungswerkstatt. Ich fühle mich nicht wie die Werke, die durch meine Hände gehen: Ich gehöre nicht der Vergangenheit an, ich gehöre zur Gegenwart. Ja, ich könnte sagen: es ist das Heute, das mir gehört – auch wenn es mir viele Reflexionen abverlangt!