Rod, die Gottheit, die Raum für andere schafft

SPIRITUALITÄT IN DAMANHUR
Die göttliche Kraft des Monats September ist Rod, die Gottheit der slawischen Völker, deren Kult bis zur Christianisierung Mitteleuropas durchgehalten hatte. Rod ist nach wie vor eine wichtige Präsenz im Bewusstsein der Nachkommen der alten Slawen, wie ein entfernter Vorfahre, ein Vorfahre, dessen Gedächtnis im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen ist und gerade aus diesem Grund einen besonderen Reiz ausübt.
In der slawischen Mythologie ist Rod der Schöpfer des Universums und aller anderen Formen. Vor ihm gab es nichts. In einem von ihm bestimmten Moment beschloss er, sich selbst zu begreifen und zu erzeugen. Dann erschuf er nach und nach aus seinem eigenen Körper die Natur und ihre Phänomene: aus seinem Angesicht wurde die Sonne geboren; aus seiner Brust wurde der Mond geboren; aus seinen Augen die Sterne, und so weiter.
Dann erschuf er alle Wesen, die die Welten bewohnen. Er trennte das Gute vom Bösen, die Wahrheit von der Lüge, und er schuf die Wechselwirkungen Licht/Dunkel, Tag/Nacht, Tod/Leben.
Alles, was existiert, kommt von ihm, auch die anderen Gottheiten der slawischen Tradition, die polytheistisch ist, aber die Gegenwart eines Ersten Gottes anerkennt.
Rod wird oft von der höchsten Muttergöttin Rozanicy begleitet, die in ihren drei Aspekten dargestellt wird, die das Schicksal der Menschheit verweben, wie im Ausdruck Rod – Rodzanicy („Gott und Göttin“) bezeugt wird. Sie ist auch einfach als die „Göttin“ bekannt, und alle kleinen Göttinnen sind Manifestationen von ihr.
Als sie das Gefühl hatten, dass ihre Arbeit abgeschlossen war, das heißt, das Werk der Schöpfung, hilt das Urpaar Rod – Rodzanicy inne. Sie wurden zu einer Art universellem Prinzip, dem Einen Gesetz, das das Universum reguliert. Sie sind nicht mehr ein eigenständiges Wesen, sondern sie verkörpern die ultimative Bedeutung von allem, was existiert: was auch immer man beobachtet, egal welche Gottheit man verehrt, es ist immer Rod-Rodzanicy, auf die Bezug genommen wird!
Das Paar existiert weiterhin ohne Eigenexistenz. Nun, da sie ihre Aufgabe erfüllt haben, interessiert es sie nicht mehr in Erinnerung zu bleiben, und sie interessieren sich auch nicht mehr für die Angelegenheiten der Sterblichen, denn das ist jetzt die Aufgabe anderer, die von ihnen zu diesem Zweck geschaffen wurden.
Die göttliche Natur von Rod- Rodzanicy drückt sich – noch deutlicher als im Schöpfungsakt – darin aus, dass sie ihren Wesen die Freiheit geben, sich selbst zu bestimmen, Fehler zu machen und zu wachsen. Sie hören nicht auf zu existieren, aber sie nehmen eine andere Rolle ein, die für die Fruchtbarkeit ihrer Schöpfung nützlicher ist.
Ihr Beispiel lehrt uns, dass Würde und Glück entstehen, wenn man seine eigene Aufgabe so gut wie möglich erfüllt, und dann anderen den Raum lässt, denn das Leben gehört immer denen, die nach uns kommen werden. Rod – Rodzanicy lehrt uns, Respekt für das zu haben, was wir geschaffen haben. Was nützt es denn, sterblichen Wesen Leben zu geben, wunderbare Welten zu erschaffen und neue Gottheiten zu erschaffen, wenn man ihnen nicht die Freiheit lässt eigene Erfahrungen zu machen?
Es ist nicht leicht, den Geist von Rod-Rodzanicy als Manifestation in der menschlichen Erfahrung zu finden. Für diejenigen, die Macht haben, für diejenigen, die erfolgreich sind, für diejenigen, die Verantwortung tragen, ist es heute oft schwierig, die Idee eines Rückzugs zu akzeptieren. Rod – Rodzanicy haben allen viel beizubringen: zu verstehen, wann ihre Aufgabe erfüllt ist und wann es an der Zeit ist, neuen und jüngeren Kräften Platz zu machen und ihnen die eigenen Erfahrungen zu Gute kommen zu lassen.
Vor allem kann Rod – Rodzanicy uns beibringen, wie nobel und bereichernd dies ist, denn es bedeutet zu verstehen, wie man den Hinweisen von Zeit und Leben folgt, die uns lehren, dass jede Phase vergänglich ist und jede Transformation neue Möglichkeiten bietet, sich selbst noch besser kennenzulernen, weiter zu wachsen und sich selbst zu akzeptieren.
Gleichzeitig lädt uns das Beispiel Rod – Rodzanicy dazu ein, darüber nachzudenken, wie wichtig es ist, sich zu erneuern, jeden Tag eine neue Seite aufzuschlagen, das zu ehren, was vor uns kam, und das zu schätzen, was neue Ideen und Impulse bringen kann.
Mit seinem heiteren Gesicht beobachtet uns Rod durch das transparente Wasser. Unter den Reflexionen dieses Wassers, kannst du vielleicht auch die Reflexion deines Gesichts erkennen.
Stambecco Pesco

Templi dell’Umanità, Temples of Humankind, Damanhur