Kunst, Seele und Geschichte

Jan 23, 20 Kunst, Seele und Geschichte

 

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KUNST & KREATIVITÄT

 

Der Brand in der Pariser Kathedrale Notre Dame im April 2019 machte auf die Geschichte der großen christlichen Tempel des Mittelalters aufmerksam. Dies sind Bauwerke, die eher zur Volkskultur als zur religiösen Kultur gehören: in Bezug auf Paris denke man nur an all die interessanten Geschichten und überlieferten Legenden, die seit Victor Hugo`s Zeiten bis heute um die große Kirche herum entstanden sind!

In diesen großen Werken ist ein Stückchen Leben jedes Menschen enthalten – und das nicht nur im übertragenen Sinne: In den Chroniken jener Zeit wird deutlich erwähnt, dass neben den Maurern und denen, die am Bau der großen Kirchen beteiligt waren (in Paris wie in Rom, in Madrid, in England usw.) jeden Tag Kaufleute, Freiberufler und Bauern zu Hilfe kamen, die, nachdem sie ihren Beruf abgelegt hatten waren, zur Verwirklichung jener Werke beitrugen, die einen großen symbolischen Wert hatten. Auf diese Weise war jeder Schöpfer einer großen Verwirklichung, eines Tempels, der die göttliche Dimension mit der materiellen vereinte und jeder hatte die Möglichkeit, sich als Künstler zu fühlen, weil er direkt an der Verwirklichung eines großen Kunstwerks teilnahm.

FAST WIE IM SPIEL

Falco Tarassaco sagte:

„Ein Mensch, der keine Kunst produzieren kann, hat keine Seele.“

Sich in Richtung Kunst zu entwickeln, auch wenn es sich dabei nicht direkt um Malerei oder Musik handelt, sondern um die gröberen Strukturen, die dann den künstlerischen Ausdruck selbst unterstützen, ist ein Bestreben aller Menschen, auch derjenigen, die das gar nicht merken und der Meinung sind, kein Talent für schöne Dinge zu haben.

Die Geschichte der Realisierung der Tempel der Menschheit in Damanhur zeigt diese Konzept sehr gut auf. Die Verwirklichung der Tempel begann 1978, fast nur zum Spaß (wie viele Dinge in Damanhur!) und mit der Idee, einen kleinen unterirdischen Meditationsraum zu schaffen, in direktem Kontakt mit der Erde. Als sie sich dann für die Idee begeisterten und sahen, dass es mit entsprechendem Einsatz möglich war, nach und nach mehr gastfreundliche Räume zu schaffen, die den Berg respektieren, beschlossen die Damanhurianer, weiterzumachen, bis sie die heutige Struktur erreichten. Es war ein kollektives Werk, in dem diejenigen, die das Wissen hatten und die Natur des Geländes verstanden, die Pläne und Strukturen entwarfen und realisierten und die anderen anleiteten, die sich einfach nur wie Tempelerbauer fühlen wollten mit der Möglichkeit, ihre Unterschrift im großen Buch des Lebens zu hinterlassen.

Ebenso wie man auf den Baustellen der großen mittelalterlichen Kathedralen auf Menschen mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten treffen konnte, so waren am Bau der Tempel, sofern mit den Sicherheitsanforderungen und gesetzlichen Vorschriften zu vereinbaren, auch Chirurgen, Landwirte, Goldschmiede, Angestellte, Apotheker, Lehrer usw. beteiligt.

EIN WENDEPUNKT

Für viele, besonders wenn sie die Möglichkeit hatten, an den künstlerischen Arbeiten die den Tempel bereichern, teilzunehmen, ging es auch darum, eine neue Berufung zu entdecken: Für viele damanhurianische Künstler öffneten sich die Türen zur Malerei, Mosaik- oder Glaskunst gerade deshalb, weil sie begannen, im Atelier Hand anzulegen mit der Absicht, am großen kollektiven Kunstwerk der Tempel teilzunehmen. Nach und nach war es für viele von ihnen eine echte Entdeckungsreise: ein innerer Impuls, ein Wunsch, eine bis dahin unerwartete Fähigkeit, über die sie den Künstler in sich entdeckten. So schlossen sie sich denen an, die bereits früher als Maler oder Bildhauer tätig waren, und begannen ein neues Leben.

Die Geschichte der Tempel ist eine große Geschichte der Künste, der Konstruktion, der Technik, der Schaffung einer rücksichtsvollen Beziehung zwischen Mensch und Umwelt und sie ist auch eine große menschliche Geschichte, weil sie für viele einen Pfad der Entdeckung und einen Wendepunkt darstellte.

Im Leben kann alles passieren – gerade dann, wenn man es nicht erwartet. Die Verwirklichung eines großen Tempels kann ein Beispiel sein, aber das Leben bietet unzählige andere. Wichtig ist, wie es alle Kreativen tun, die Gelegenheit zu ergreifen und das eigene Kunstwerk daraus zu machen.

BESUCH DER TEMPEL DER MENSCHHEIT

 

 

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