Die Farben der Dämmerung einer neuen Zeit / Teil 1

SPIRITUALITÄT IN DAMANHUR
… die Neugestaltung unseres Lebens nach Covid
Ich glaube nicht, dass wir uns jemals der Auswirkungen unseres Handelns voll bewusst sein können. Das ist ein Segen, denn das Gewicht unserer Verantwortung würde uns wahrscheinlich erschrecken und entmutigen. Gleichzeitig ist es aber auch ein Fluch: Niemand auf einem vernetzten Planeten kann frei von Leid sein, solange es nicht jedes andere Wesen ist. Das Netz des Lebens bindet uns durch Raum und Zeit aneinander. Und in der Zeit, in der alles gegenwärtig ist, spielt unser Sein viele Spiele, in vielen verschiedenen Situationen und Umständen. Wir sind gleichzeitig diejenigen, die leiden und diejenigen, die den Schmerz verursachen.
In diesem allzu oft unbewussten Wechselspiel ist die Vorstellung sehr verlockend, dass Krieg nur als mentales Konstrukt existiert, eine Illusion, die durch die Überwindung der Dualität aufgelöst werden kann. Aber vielleicht ist es uns nicht länger möglich, nicht zu hinterfragen, ob die Situation vielleicht komplexer und die Verwirrung tiefer als gedacht ist.
Die Covid-19-Pandemie hat den Blick der Welt von permanenten Konflikten abgelenkt – und von der Zahl der Opfer, die diese Kriege fordern. Dennoch sind die Folgen des Virus in Konfliktgebieten noch tragischer als in besser organisierten, friedlichen Nationen. Und dasselbe gilt für die Gebiete, die durch die Auswirkungen des Klimawandels verwüstet wurden.
Abgesehen von kurzen Zeiträumen und in einigen entlegenen Winkeln der Welt, ist es schwierig, geschichtliche Epochen zu finden, in denen es keine Konflikte oder Invasionen gegeben hat. Sogar innerhalb von Gemeinschaften mit starken geteilten Werten, schienen Machtstrukturen immer präsent zu sein: Die einheitlichsten Gruppen, Gesellschaften oder Stämme – ohne Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben oder Akzenten – haben immer Kategorien fabriziert, die als minderwertig zu betrachten sind. In den letzten Jahrtausenden wurde dieser minderwertige Platz fast durchgängig den Frauen oder allen, die von der zur Fortpflanzung bestimmten Heterosexualität abwichen, eingeräumt.
Noch weiter zurück in der Zeit gibt es Spuren von großen Massenaussterben, Mythen über das katastrophale Ende großer Zivilisationen wie Atlantis und universelle Überschwemmungen, durch die Götter aller Breitengrade versucht haben, die Menschen zu vernichten. Und selbst als sie nicht damit beschäftigt waren, die Menschheit in ihrer Gesamtheit auszurotten, ergriffen die Götter in Kriegen Partei. Sie gaben dem einen oder anderen Volk Schutz und Kraft, im Austausch gegen Gebiete, von denen sie Gebete, Opfergaben und Lebensenergie erhalten konnten. Und ihre Priester segneten – in alten Zeiten wie heute – vor den Kämpfen die Waffen. Viele Götter haben ihren Platz auf dem Schlachtfeld gehabt: ob Herren des ganzen Universums oder Teilhaber verschiedener Pantheons; sie haben alle bewiesen, dass sie ein großes Interesse an den Ergebnissen menschlicher Konflikte haben. Sie sind auch häufig von Heiligen oder Dämonen begleitet.
Andere Mythen erzählen, dass sich die Götter oft im Krieg miteinander befanden. Und denken wir dabei nicht nur an männliche Götter: In allen Breitengraden und in allen historisch belegten Zivilisationen gibt es Göttinnen des Krieges, des Sieges, der Zwietracht und des Todes auf dem Schlachtfeld. Menrva, Athene, Bellona, Morrigan, Inanna und Ištar, Bandua, Andarta, Freyja, Macha, Neith, Sekhmet, Tanit, Pele, Qamitis, Oyá, Ifri, Anahit, Zorya, Chamunda, Durga… um nur einige zu nennen.
Diese Göttinnen wurden heraufbeschworen, um Familie, Geburt und Liebe ebenso zu schützen wie den Krieg. Oft mussten sie sich bei ihrer Geburt mit sehr heftigen Kämpfen gegen Dämonen, monströse Tiere und böse Götter aus früheren Zyklen auseinandersetzen. So haben sie sich aus erster Hand die Ehre verdient, Menschen im Krieg zu beschützen und ihnen den Sieg zu bescheren.
All diese Mythen erzählen uns von Migrationen und Invasionen, von neuen Lebensweisen, die ältere ersetzen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Geschichte darin besteht, dass eine Zivilisation nach der anderen die jeweils frühere überwältigt hat, sowohl im Westen als auch im Osten, Norden und Süden.
Viele Philosophen und spirituelle Lehrer erinnern uns daran, dass der Boden, auf dem der Krieg Wurzeln schlägt, in uns selbst liegt. Durch unsere Entscheidungen und Handlungen bestimmen wir zu jeder Zeit das Gleichgewicht dieses Kampfes. Jeder Mensch, der auch nur ein wenig Bewusstsein hat, stellt dies jeden Tag auf die Probe und versucht, seine Ideale mit seinen Handlungen in Einklang zu bringen.
In den Industrieländern ist dies noch dramatischer, denn fast jede Handlung, die wir unternehmen, ist mit dem Leiden eines Menschen in einem anderen Teil der Welt verbunden: von den Kriegen um das Coltan in unseren Mobiltelefonen und Spielstationen, über die Umweltauswirkungen der Art und Weise, wie wir uns fortbewegen oder dem was wir essen und mit dem wir uns bekleiden, bis hin zur Ausbeutung anderer Menschen zur Herstellung der unzähligen Gegenstände, die wir jeden Tag benutzen – von denen so viele sowieso überflüssig sind.
Fortsetzung: hier findest du den Link zu Teil 2
geschrieben von Esperide Ananas Ametista,
Psycho-Soziologin, spirituelle Lehrerin, Heilerin,
und Botschafterin der Gemeinschaftsföderation Damanhur